Dies ist ein Blogbeitrag in der Serie «Best Practice Wissenschaftskommunikation»
Autorinnen: Claudia Kistler und Anouk Taucher

Der Lebensraum des Europäischen Igels hat sich in den letzten 50 Jahren durch die intensive Landwirtschaft stark verändert. Anstelle der Kulturlandschaft mit kleinräumigen Strukturen wie Hecken, Gehölze und kleineren Acker- und Wiesenflächen breiteten sich ausgeräumte Landschaften aus. Die Folge war, dass in diesen Gebieten die Igelpopulationen abnahmen, wie mehrere Studien aus verschiedenen europäischen Ländern ergaben. In städtischen Gebieten hingegen scheint sich die Art besser halten zu können, allerdings gerät sie auch hier vermehrt unter Druck, da immer mehr Flächen verdichtet und versiegelt werden und damit Grünräume verloren gehen (Abb.1). Untersuchungen des Citizen-Science-Projekts StadtWildTiere zeigen, dass in der Stadt Zürich die Verbreitung der Igelpopulation zwischen 1992 und 2017 um 17 Prozent und die Anzahl der Igel um 40 Prozent abgenommen hat. Aufgrund dieser Zahlen wurde der Igel in der neuesten Roten Liste erstmals als potenziell gefährdet eingestuft. «Rote Listen sind anerkannte wissenschaftliche Gutachten, in denen der Gefährdungsgrad von Arten dargestellt ist. Sie werden in der Schweiz im Auftrag des BAFU von Fachpersonen erstellt.»
Dies ist ein Blogbeitrag in der Serie «Best Practice Wissenschaftskommunikation»
Autorin: Yvonne Schweizer
Das Forschungsprojekt des Instituts für Kunstgeschichte der Universität Bern sammelt die Erinnerungen der Bieler:innen zur Geschichte der Schweizerischen Plastikausstellung. 2023 ging die Crowdsourcing-Webseite publics-arts.ch online. Ausgewählte Einsendungen wurden in die Ausstellung Re/Sculpture im NMB Neues Museum Biel aufgenommen. Das Projekt läuft bis August 2026 und wird gefördert vom SNF.
Welche Nutzungen und Umnutzungen finden an Kunst im öffentlichen Raum statt? Wie kann eine Ausstellung zu Skulptur im öffentlichen Raum aus der Sicht des Publikums erzählt werden? Diese Fragen beschäftigen ein Forschungsteam von Kunsthistoriker:innen der Universität Bern, das dafür das partizipative Citizen Archive publics-arts.ch gestartet hat. Anlass dazu gibt ein Forschungsprojekt zur Schweizerischen Plastikausstellung, der grössten und ältesten Ausstellungsreihe zur Skulptur im öffentlichen Raum. Sie findet seit 1954 in regelmässigen Abständen im Freien in Biel/Bienne statt.
Die Webseite richtet sich an die Bieler Zivilgesellschaft, die in mehreren aufeinander aufbauenden Medienkampagnen und Kulturanlässen dazu aufgerufen wurde, ihre Erinnerungen an die Geschichte der Schweizerischen Plastikausstellung zu teilen. Hochgeladen werden können alle Dateiformate: Fotografien, Texte, Audiobeiträge, Zeitungsausschnitte, Filme – alles, was sich in privaten Alben und Kisten auf dem Estrich finden lässt.
In der Schweiz wurden allein im 20. Jahrhundert mehrere Hunderttausend Kinder und Jugendliche fremdplatziert, d.h., sie durften nicht bei ihren leiblichen Eltern aufwachsen, sondern sind in Heimen oder Pflegefamilien untergebracht worden. In dem Citizen-Science-Projekt «Was war bekannt?» haben Wissenschaftler:innen und Bürger:innen durch Zeitungsanalysen gemeinsam herausgefunden, was die Öffentlichkeit über die Lebensverhältnisse der fremdplatzierten Minderjährigen wissen konnte. Die zentralen Ergebnisse der Studie sind auf der Projektwebsite und in einem Magazin zusammengefasst.
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Dr. Michèle Hofmann ist Leiterin der Forschungsstelle Historische und vergleichende Kindheits- und Jugendforschung am Institut für Erziehungswissenschaft der Universität Zürich. Sie hat das Citizen-Science-Projekt «Was war bekannt?» gemeinsam mit Prof. Dr. Franziska Oehmer-Pedrazzi (Fachhochschule Graubünden) und Dr. Philipp Hubmann geleitet. |
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Am Anfang des Projekts stand die Idee, interessierten Bürger:innen verschiedener Altersstufen Einblicke in wissenschaftliches Arbeiten und das Thema Fremdplatzierung zu geben und sie darüber in Austausch zu bringen. Das Ziel war es, gemeinsam eine Antwort auf die Frage zu finden, wie Fremdplatzierung im Mediendiskurs der Schweiz im 20. Jahrhundert verhandelt wurde. Die unterschiedlichen (Lebens-)Erfahrungen der Co-Forschenden sollten als wichtiger Bezugsrahmen bei der Diskussion und Analyse von Quellenfunden dienen.
Die Projektleitenden versuchten auf verschiedenen Wegen, Bürgerforscher:innen zu finden, die an dem Projekt mitarbeiten wollten. Dafür richteten sie einen Instagram-Kanal ein, produzierten ein Trailer-Video, versandten einen Aufruf per E-Mail und verteilten Flyer. Wichtig war, dass die Geschäftsstelle der Senior:innen-Universität Zürich den Aufruf zur Mitarbeit an ihre Mitglieder weiterleitete (der Versand musste vorgängig beantragt und bewilligt werden). Durch diesen Aufruf konnten mehrere sehr engagierte Bürgerforscher:innen für das Projekt gewonnen werden. Diese haben für die Website und das Magazin Beiträge zur Geschichte der Fremdplatzierung verfasst, auf Instagram über das Projekt gepostet und ausserdem ihre Erfahrungen mit Citizen Science geteilt: in einem schriftlichen Bericht auf der Projektwebsite und in einem Porträt für das Schweizer Forschungsmagazin «Horizonte».
Nebst den Senior:innen bildeten Student:innen eine zweite grössere Gruppe von Projektmitarbeiter:innen. Bachelor- und Masterstudierende des Instituts für Erziehungswissenschaft der Universität Zürich besuchten im Rahmen des Projekts ein oder sogar zwei Forschungspraktika. Die Student:innen leisteten dabei nicht nur die durch die Praktika vorgegebenen Arbeitsstunden, sondern sie investierten viel mehr Zeit in das Forschungsprojekt, nahmen an den regelmässig stattfindenden Treffen teil und brachten ihre Ideen ein. Sie wurden so zu einem festen Bestandteil des Projektteams und damit zu eigentlichen Bürgerforscher:innen. Teil des Projektteams war auch eine im Masterstudiengang Bildungswissenschaften an der Universität Basel eingeschriebene Studentin. Alle studentischen Bürgerforscher:innen haben einen oder sogar mehrere Beiträge für die Projektwebsite und das Magazin geschrieben. Eine Studentin berichtete ausserdem in einem Video-Interview von ihren Erfahrungen mit Citizen Science.
Die Bürgerforscher:innen haben nach einer Einführung zum methodischen Vorgehen zwei überregionale und auflagenstarke Schweizer Tageszeitungen recherchiert: die Neue Zürcher Zeitung (NZZ) und die Berner Zeitung Der Bund. Gesucht wurden Zeitungsartikel, die einen Bezug zur Thematik der Fremdplatzierung aufweisen. Die grosse Menge an gedrucktem Papier verunmöglichte es, alle Ausgaben der beiden Zeitungen für das gesamte 20. Jahrhundert durchzusehen. Das Projekt konzentrierte sich deshalb auf einzelne Untersuchungszeiträume, die aufgrund von bestimmten Ereignissen, die für die Geschichte der Fremdplatzierung bedeutsam sind, als besonders vielversprechend schienen. Die NZZ wurden in der Zentralbibliothek Zürich im Original (Printausgaben) durchgeblättert und Der Bund auf der Online-Plattform E-Newspaper Archives durchgesehen. Beim Durchblättern der einzelnen Zeitungsausgaben war es das Ziel, in die Medienberichterstattung des 20. Jahrhunderts einzutauchen. Die Teilnehmer:innen sollten so einen konkreten Eindruck von dem historischen Kontext, in dem die Berichterstattung über Fremdplatzierung eingebettet war, erhalten. Die recherchierten Zeitungsartikel wurden in einer gemeinsamen Datenablage abgespeichert. Im Anschluss an die Recherche haben die Bürgerforscher:innen ausgewählte Zeitungsartikel analysiert und basierend auf ihrer Analyse Texte für die Website und das Magazin verfasst.
Das Projektteam, bestehend aus den Citizen Scientists, den Projektleiter:innen und einer Supervisorin, hat sich über einen Zeitraum von mehr als zwei Jahren regelmässig getroffen, um den Zwischenstand der Recherche zu diskutieren und die weiteren Schritte zu planen. Die Treffen und das Projekt insgesamt zeichneten sich durch eine sehr gelungene Zusammenarbeit von jungen und älteren Citizen Scientists aus. Die Projektleitenden hatten sich vom Einbezug von Bürger:innen verschiedener Altersstufen versprochen, dass deren unterschiedliche (Lebens-)Erfahrungen die Diskussion und Analyse von Quellenfunden bereichern würden. Und das war auch tatsächlich der Fall. Während den Älteren bestimmte Fremdplatzierungsmassnahmen wie etwa die «Verdingung» von Kindern und Jugendlichen auf Bauernhöfen, die bis in die frühen 1980er-Jahren Bestand hatte, oder auch die Debatten rund um die Auflösung des «Hilfswerks für die Kinder der Landstrasse» in den 1970er-Jahren bestens bekannt waren, waren die Jüngeren damit weniger oder gar nicht vertraut. Die studentischen Bürgerforscher:innen konnten dafür ihr Wissen aus dem Studium in die Diskussionen einfliessen lassen. Der generationenübergreifende Austausch beschränkte sich nicht auf die Projekttreffen, einzelne Student:innen und Senior:innen bildeten auch Tandems und arbeiteten in dieser Konstellation themenspezifisch zusammen. Die generationenübergreifende Zusammenarbeit wurde nicht nur von den Beteiligten sehr geschätzt, sondern sie hat auch das Projekt und die Forschungsergebnisse bereichert.
Veröffentlicht am 29. April 2025.
Dies ist ein Blogbeitrag in der Serie «Best Practice Wissenschaftskommunikation»
Autor:innenteam: Franziska Oehmer-Pedrazzi (Co-Leiterin) & Stefano Pedrazzi (Co-Leiter)
Visuelle Inhalte sind mächtige Werkzeuge der Kommunikation – sie können nicht nur informieren und unterhalten, sondern auch Hass schüren, gesellschaftliche Gruppen ausgrenzen oder Einzelpersonen diffamieren. Genau hier setzt das Forschungsprojekt «Ein Bild verletzt mehr als 1000 Worte? Merkmale und Governance von Hassbildern im Netz» an, das von der FH Graubünden, der Université de Fribourg und dem MILEVA INSTITUT für Digitales und Gesellschaft durchgeführt wurde.
Ziel des Projekts war es, die Charakteristika digitaler Hassbilder zu identifizieren: Wer verbreitet diese Bilder? Gegen wen richten sie sich? Auf welchen Kanälen zirkulieren sie? Eine entscheidende Rolle spielte dabei die Beteiligung von Citizen Scientists, die aktiv bei der Datensammlung und Interpretation der Hassbilder mitwirkten. Doch wie wurden diese Bürgerforschenden mobilisiert, und welche Kommunikationsstrategien erwiesen sich als besonders effektiv?
