Worum geht es in dem Projekt konkret?
Das Citizen Science Projekt «ältertätig» erkundet die vielfältigen Formen von Arbeit ausserhalb des eigenen Familienrahmens, die von Personen ü70 in der Schweiz gelebt werden. (Heute sind laut ESTA in der Altersgruppe 65 -74 23% der Männer und 15% der Frauen erwerbstätig.) In einer qualitativen Studie, die auf 40 langen narrativen Interviews basiert, wird folgenden Fragen nachgegangen:
- Was bewegt die Engagierten, was erleben und gewinnen sie dabei? Was trägt ihre Leistung zur gesellschaftlichen Entwicklung bei?
- Welche Voraussetzungen und Rahmenbedingungen sind erforderlich, damit Ältere, die dies wünschen, sich ausserhäuslich betätigen können?
Die qualitative Studie wird im Rahmen einer Weiterbildung nach dem Prinzip des Forschenden Lernens durchgeführt. Rund zwei Drittel der Citizen Scientists sind im Rentenalter und erkunden damit ihre eigene Generation und Lebenswelt.
Wie können Bürger:innen mitforschen?
Bürger:innen führen lange narrative Interviews und dokumentieren diese Erzählungen in Text und Film. Dafür wurden sie zunächst in einem kurzen Assessment ausgewählt und anschliessend in Workshops zu den Themen narrative Interviews, Film und Audio speziell ausgebildet. Ausserdem erhielten sie eine Vielzahl von Handreichungen und strukturierenden Templates.
Zusammen mit der Projektleitung werten sie die Interviews aus und formulieren (nach Anselm Strauss, Grounded Theory) neue Erkenntnisse.
Die Projektentwicklung geschieht partizipativ: das Kollektiv von gut zwei Dutzend Frauen und Männer im Alter zwischen 50 und 80 entscheidet in regelmässigen Workshops über Arbeitsprozess und Diffusionsstrategie.
Der Austausch im Projektteam funktioniert über die Homepage, eine Combox und vor allem regelmässige Meetings mit direkten Begegnungen, neuen Informationen und kontroversen Diskussionen. Dadurch sind die Teilnehmenden in die Gestaltung des Projektverlaufs involviert.
Die Interviewergebnisse werden im kleinen Kreis mit der PL diskutiert/ ausgewertet und die Forschenden erhalten dabei Feedback zur Qualität ihrer Arbeit. Erste Filmzusamenschnitte wurden gemeinsam debattiert und optimiertverbessert.
Das ganze Projekt wurde als Weiterbildung ausgeschrieben. Die Teilnehmenden durchliefen ein kleines, massgeschneidertes Assessment zur Klärung von Eignung und Erwartungen.
Was passiert mit den Ergebnissen?
Im Rahmen des demografischen und sozialen Wandels sind Lebensentwürfe neu zu strukturieren, da ist längeres Arbeiten eine valable Wahlmöglichkeit. Leider steht sie Angestellten bloss begrenzt offen. Dies zu ändern und den Arbeitsmarkt zu öffnen, ist eine Absicht hinter dem Projekt.
Die Ergebnisse werden Open Source im Internet veröffentlicht. Das Projekt verfügt über Ressourcen und Kommunikationsmittel, um grössere Kampagnen bei privaten und öffentlichen Arbeitgebenden zu lancieren. Auch Forschende sind dabei involviert. Bereits während der Informationssammlung wird publiziert und referiert, was auf viel Interesse v.a. bei gut qualifizierten Individuen stösst. Wichtiger sind erste Pilotprojekte, die mit Unterstützung der Projektleitung differenzierte Strategien erarbeiten mit dem Ziel, anspruchsvolles berufliches Engagement ü70 zu fördern.
Es fehlen Strukturen, auch im Bildungssystem, um die Arbeit von Personen zwischen 60 und 80 anzuregen und zu unterstützen – obschon die offizielle bundesrätliche Alterspolitik freiwilliges Arbeiten übers Referenzalter hinaus propagiert.
Mit der geplanten Diffusionskampagne werden auch überholte Altersbilder korrigiert.