Forschung im Dialog – für neue Erkenntnisse über Gendergesundheit und Multiple Sklerose

Dies ist ein Blogbeitrag in der Serie «Best Practice Wissenschaftskommunikation»
Autorin: Sarah Strasding

Steckbrief MS Register

Welche Herausforderungen im Alltag beschäftigen MS-Betroffene tatsächlich? Welche Lösungen finden sie für diese Hürden? Und welche Personen stehen eigentlich hinter der Gruppe «MS-Betroffene»?

Um solche Fragen zu beantworten, wurde das Schweizer MS Register ins Leben gerufen: Das Projekt verfolgt einen partizipativen Forschungsansatz, um die Sichtweise der Betroffenen in wissenschaftliche Erkenntnisse zu übersetzen. Seit seiner Gründung im Jahr 2016 schafft das Register eine Brücke zwischen Forschung, Versorgung und Alltagserfahrungen von Menschen mit MS. Über 3’000 Teilnehmende liefern durch ihre Antworten in regelmässigen Umfragen wertvolle Daten, die helfen, die Lebensrealität von MS-Betroffenen in der Schweiz zu verstehen und die Versorgung gezielt zu verbessern.

 

Hintergrund: MS und Gendermedizin

Aktuell widmet sich das Schweizer MS Register einem neuen Fokusthema im Rahmen des Nationalen Forschungsprogramms NFP83 «Gendermedizin und -gesundheit», das vom Schweizerischen Nationalfonds gefördert wird.

Studien zeigen, dass MS bei Frauen häufiger auftritt, während sie bei Männern tendenziell schneller fortschreitet. Diese Unterschiede lassen sich jedoch nicht allein biologisch erklären – auch soziale und gesellschaftsstrukturelle Faktoren spielen eine wichtige Rolle. Mit der neuen Umfrage zu diesem Thema untersucht das MS Register, wie Gender und Geschlecht, Bildung, Lebenssituation und der Zugang zur Gesundheitsversorgung den Krankheitsverlauf und das Wohlbefinden von MS-Betroffenen beeinflussen. Während der Begriff «Gender» die soziale Geschlechtsidentität bezeichnet und damit die Wahrnehmung einer Person bezüglich ihres Geschlechtes, meint das «Geschlecht» die biologischen Merkmale. Da es in der deutschen Sprache keinen eigenen Ausdruck für «Gender» gibt, wird dieser aus dem Englischen übernommen. Die Differenzierung zwischen Gender und Geschlecht in der MS-Forschung wurde bislang kaum berücksichtigt - mit dem aktuellen Fokusthema beginnt ein neues Kapitel auf dem Weg zu einer personalisierten Gesundheitsversorgung, die der Lebensrealität der betroffenen Person gerecht wird. Dieses Gebiet fordert nicht nur wissenschaftliche Präzision, sondern auch eine klare Kommunikation.

 

Kommunikationsstrategie: Ziele und Formate

Gerade bei einem partizipativen Forschungsprojekt wie dem MS Register ist Wissenschaftskommunikation entscheidend. Sie verbindet Forschung und Gesellschaft und sorgt dafür, dass Erkenntnisse verständlich und zugänglich werden. Wir leisten dabei wichtige Übersetzungsarbeit – denn wissenschaftliche Daten bleiben oft abstrakt, wenn sie nicht verständlich kommuniziert werden. Dabei geht es nicht nur darum, «Forschungslatein» zu vermeiden und Fremdwörter laiengerecht zu erklären. Vielmehr ist das Ziel, die Personen, die ihre Erfahrungen für die Forschung mit uns teilen, in ausreichend grosser Zahl zu erreichen, sie zur Teilnahme zu motivieren und ihnen später die Ergebnisse so zugänglich zu machen, dass sie diese nachvollziehen und einen persönlichen Nutzen daraus gewinnen können. Nur wenn diese Brücke gelingt, entsteht eine lebendige Forschungsgemeinschaft, in der Wissen geteilt und gemeinsam weiterentwickelt wird. Neben der Sprache spielen also Format und Kanal eine entscheidende Rolle.

Um möglichst viele Menschen mit MS zur Teilnahme an der neuen Umfrage zu gewinnen, setzen wir auf eine gezielte Kommunikationsstrategie. Wir wählen dafür digitale und analoge Formate: Über unseren Newsletter, der postalisch und per E-Mail versandt wird, informieren wir über das Projekt und laden zur Mitwirkung ein. Darüber hinaus publizieren wir Informationen zur neuen Umfrage auf unserer Homepage und im Register Portal. Das web-basierte und log-in-geschützte Portal bietet registrierten Teilnehmenden einen Überblick über bereits ausgefüllte Fragebögen sowie die Möglichkeit, Umfragen digital zu beantworten.

Wichtigstes Format stellt die persönliche Einladung dar: Alle bereits registrierten Teilnehmenden, die regelmässig Fragebögen für das Register ausfüllen, werden postalisch oder per E-Mail zur neuen Umfrage eingeladen. Um den Kreis unserer Teilnehmenden zu erweitern, ist das Team des MS Registers regelmässig auf Anlässen für Betroffene in der ganzen Schweiz vertreten. Neben unseren eigenen Kanälen ist die Kommunikation über die Schweizerische Multiple Sklerose Gesellschaft für uns von grosser Bedeutung: Durch die enge Zusammenarbeit kann das MS Register die eigene Sichtbarkeit erhöhen und durch die Kanäle der MS-Gesellschaft ein noch grösseres Publikum erreichen. Für die wertvolle Partnerschaft und Förderung bedanken wir uns an dieser Stelle herzlich. Die Kooperation zeigt exemplarisch, dass auch die Pflege des Netzwerks sowie die Nutzung externer Kanäle entscheidend für eine gelungene Kommunikationsstrategie sind.

Mit spannenden Formaten, starken Partnern, engagierten Teilnehmenden und relevanten Fokusthemen möchte das Team des MS Registers zukünftig ein immer präziseres Bild zeichnen: von den Herausforderungen, die MS-Betroffene im Alltag wirklich beschäftigen, und von den unterschiedlichen Personen, die hinter der Gruppe “MS-Betroffene” stehen. Diese Erkenntnisse helfen die Grundlagen für eine Medizin zu legen, die gerecht, zugänglich und personalisiert ist.

Veröffentlicht am 4. November 2025


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